Neue Studien zeigen: Der Trend des Fitness-Tracking hält an

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Ob mit Smartwatch, Fitness-App oder auf dem Smartphone, einer Kombination aus beidem oder sonstigem Wearable zum Tracken der Fitness – Noch immer liegt das genaue Überprüfen der verbrannten Kalorien, zurückgelegten Schritte und erbrachten Leistung voll im Trend. Neue Studien zeigen jetzt, wie viele Menschen tracken und was das Tracking bewirkt.

Fitness im weitesten Sinne stellt den Sport unserer heutigen Zeit dar. Obwohl der Besuch von Fitnessstudios nicht mehr ganz so beliebt ist und obwohl viele Menschen ihre Zeit nach Feierabend lieber auf der Couch, als mit Sport verbringen, achten immer mehr Menschen darauf, dass ihr Körper gesund bleibt. Das geht teilweise sogar so weit, dass mittels der sogenannten „Tracking Devices“ und „Wearables“ rund um die Uhr überwacht wird, was der Körper macht, was er gerade braucht und wie fit er ist. Dass der regelrechte Trend des Fitness-Tracking noch immer anhält und dass das Tracken den Spaß am Sport beeinflussen kann, zeigen aktuelle Studien.

Wie viele Menschen dokumentieren ihre Fitness?

Im Januar 2018 befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa mehr als tausend bevölkerungsrepräsentative Deutsche zwischen 18 und 70 Jahren zu ihrem Gesundheitsbewusstsein. Die Ergebnisse lassen sich nun unter anderem in der Studie „Homo Digivitalis“ der Techniker Krankenkasse (hier) nachlesen. Unter anderem, so heißt es dort, nutzt jeder vierte Befragte Apps und Tracker zur digitalen Selbstvermessung. Am angesagtesten sind Pulsuhren, Smartwatches, Fitness-Tracker oder Online-Gesundheitscoaches, welche individuelle und interaktive Programme etwa zu Ernährung oder Sport anbieten. Mit 32% ist der Anteil der Unter-40-Jährigen am größten. Erstaunlich ist, dass mit 27% der Anteil der chronisch kranken Self-Tracker genauso hoch ist, wie jener der gesunden. Diejenigen, die sowieso schon stark auf ihre körperliche Optimierung achten, neigen, wie zu erwarten, auch stärker dazu, der Tracking-Technik zu verfallen. Jeder Dritte von ihnen besitzt ein Wearable und jeder Fünfte hat auf seinem Smartphone eine Gesundheits-App installiert. Die vor allem bei Anhänger von klassischer Fitness gefragte Smartwatch besaßen 15% der Befragten.

Was wird dokumentiert?

Mit der neusten Technik und den diversen Tracking-Gadgets und Wearables lassen sich unbestreitbar recht zuverlässig diverse Werte des Körpers aufzeichnen und dokumentieren. Dazu gehören:

  • zurückgelegte Schritte und Treppenstufen
  • Fitnesstrainings aller Art
  • der Ruhepuls sowie das Stresslevel
  • Schlafphasen
  • verbrannte Kalorien
  • über kompatible Ernährungs-Apps auch die aufgenommenen Kalorien und Nährstoffe

Wer also diszipliniert alles trackt, was er isst und trinkt, kann seine Kalorienbilanz verfolgen und mit einem Fitnesstracker seine gesamte Ausdauerleistung analysieren. Kaum verwunderlich also, dass sich Leute, denen es wichtig ist, nur eine bestimmte Menge an Kalorien zu sich zu nehmen, nur selten von den Vorteilen der Technik fernhalten können. Was beispielsweise früher Bodybuilder täglich mühsam mit Stift auf Papier notieren und im Kopf oder mit Taschenrechner manuell zusammenrechnen mussten, übernehmen heute ganz einfach Apps und Uhren.

Gibt es Ausnahmen?

Ihre Fitness tracken nicht nur die besonders Körper- und Gesundheitsbewussten. Selbst in der befragten Zielgruppe, die sich selbst nicht als besonders körper- und gesundheitsbewusst einstuft, nutzt jeder Achte eine Gesundheits-App auf dem Handy. Bei den zwischen 30- und 40-Jährigen ist es jeder Fünfte.

Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Unter den über 60-Jährigen sind es nur knapp 6%, die ihre Fitness tracken. Allerdings lässt sich dies mitunter auch darauf zurückführen, dass diese Generation zum Großteil auch noch ohne Smartphone auskommt und jegliche digitalen Gadgets also generell eher eine Ausnahme darstellen. Ebenfalls scheint das Einkommen bei der Nutzung von beispielsweise Fitness-Apps eine Rolle zu spielen. Bei der Gehaltsklasse derjenigen, die monatlich unter 1.500 Euro verdienen, hat nur jeder Zehnte eine Gesundheits-App auf dem Smartphone. Außerdem ist der Anteil derer, die überhaupt gar kein Wearable besitzen mit 83% am größten. Ab 4.000 Euro Haushaltseinkommen liegt das Self-Tracking-Verhalten bei 36% und mit 18% haben fast doppelt so viele Menschen eine oder mehrere Gesundheits-Apps auf dem Smartphone als in der niedrigsten Einkommensklasse.

Wie wirkt sich das Tracking auf den Sport aus?

Das Fitness-Tracking kann, muss aber nicht gleich zur Sucht führen. Nicht jeder, der seinen Körper ein wenig genauer überwacht, muss immer und überall überprüfen, wie viele Schritte er zurückgelegt und wie viele Kalorien er verbrannt hat. Dennoch kann das Tracking dazu führen, dass der Spaß am Sport und an der Bewegung unter der Überwachung leidet. Außerdem verführt es dazu, dass andere Faktoren in den Hintergrund rücken, die ebenfalls darüber bestimmen, wie gesund Sport und Ernährung sich auf den Körper auswirken. Beispielsweise ist die Wahl der richtigen Sportschuhe, für deren optimale Passform man auch seine genaue Schuhgröße kennen sollte, die sich im Grunde recht einfach selbst abmessen lässt, entscheidender, als eine Fitness-App. Auch die Luftqualität entscheidet beispielsweise darüber, wie gesund das Fitnesstraining ist. In den Morgenstunden Laufen zu gehen ist deutlich sinnvoller, als am Abend. Das liegt daran, dass sich zu später Stunde die ganzen Abgase und Industriegase des Tages über Stadt, Wiese und Feldern niederlassen. Trotzdem legen hierauf wohl weniger Menschen Wert, als auf das Schrittzählen und Tracken aller Körperreaktionen.

Studie zum Einfluss des Tracking auf die Motivation

Problematisch ist aber vor allem der zweite Fall, bei dem die Bewegung zum Zwang wird und die Kontrolle des Ganzen wichtiger ist, als der Sport und die Ernährung an sich. Man stelle sich dafür einen Activity Tracker vor, mit dem jemand den üblichen Arbeitsweg absolviert und sich entschließt, die Treppe, statt den Fahrstuhl zu nutzen – nur um ein paar zusätzliche Schritte zu sammeln. Nun hat dieser jemand den Tracker allerdings zu Hause vergessen, merkt dies vor dem Treppensteigen und überlegt dann, ob er die zusätzlichen Schritte überhaupt machen oder sie sich nicht doch lieber sparen soll. Schließlich werden sie ja nicht elektronisch verbucht. Diesen und einige weitere, ähnliche Fälle haben Forscher der TU Chemnitz und der Universität Lübeck untersucht, um den Fragen nachzugehen, ob Activity Tracker eine Art Abhängigkeit erzeugen können und ob diese Abhängigkeit für bestimmte Nutzer oder Nutzerinnen stärker ausgeprägt ist als für andere.

Die Ergebnisse

Christiane Attig, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Allgemeine und Arbeitspsychologie des Instituts für Psychologie der Technischen Universität Chemnitz, erklärt die Inspiration zur oben genannten Studie folgendermaßen: „Inspiriert wurde die Studie durch eigene Erfahrungen – ich selbst habe lange Zeit einen Activity Tracker getragen und zunehmend gemerkt, wie ich den Spaß an der Bewegung verlor und stattdessen gewisse Aktivitäten nur durchgeführt habe, damit ich ein schönes Ergebnis auf meinem Tracker sah“. Ein bekannter Effekt aus der Sozialpsychologie beschreibt im Grunde genommen genau dieses Verhalten: „Der Korrumpierungseffekt besagt, dass eine primär intrinsische Motivation für eine Tätigkeit durch externe Belohnungen abgemindert werden kann. Wenn ich für eine sportliche Aktivität, die mir Spaß macht, durch das positive Tracker-Feedback zusätzlich belohnt werde, dann kann das dazu führen, dass ich die Aktivität eher als Arbeit empfinde und folglich weniger Spaß habe. Fällt dann die Belohnung des Trackers weg, kann eine Aktivitätsreduktion die Folge sein.“

Wer sich vom Fitness-Tracking zu sehr abhängig macht, gefährdet den Spaß am Sport. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer noch jungen Studie.

In einer Online-Umfrage wurde schließlich getestet, ob Motivationsverluste durch Activity Tracker tatsächlich in der alltäglichen Nutzung vorkommen. Aus den Ergebnissen ließ sich ablesen, dass die Nutzer von Fitness-Trackern tatsächlich einen Abhängigkeitseffekt aus ihrem Alltag kennen. Jedoch trifft dies auch nicht auf alle Nutzer zu. Nur knapp 18% gaben an, dass sie, wenn sie ihren Tracker nicht trugen, eher dazu neigten, sich weniger zu bewegen. Allerdings war sich fast die Hälfte der Befragten einig, dass es hin und wieder vorkomme, dass der Tracker negatives Feedback gebe und dass dieses Feedback immer enttäuschend sei und zu einer gedanklichen Beschäftigung mit selbigem führe. Prof. Dr. Thomas Franke, Inhaber der Professur für Ingenieurpsychologie und Kognitive Ergonomie am Institut für Multimediale und Interaktive Systeme der Universität zu Lübeck bemerkt dazu: „Die Trackernutzung muss sich nicht negativ auf die Motivation auswirken, sich aktiv zu bewegen. Motivationsverluste werden aber wahrscheinlicher, wenn man ohnehin weniger Spaß am Sport empfindet, Sport aus extrinsischer Motivation heraus macht – etwa um Gewicht zu verlieren oder fitter zu werden – und wenn man den Tracker nicht aus reinem Interesse an den Daten nutzt.“

Somit sind Motivationsverluste, was das Training, bzw. alleine schon die tägliche Bewegung betrifft, nicht unbedingt auf den Korrumpierungseffekt zurückzuführen. Allerdings ist es gut möglich, dass er sich eben doch auf die Lust am Sport auswirkt und diese vermindert.

Die Konsequenzen für alle Nutzer von Fitness-Trackern

All diejenigen, die jegliche Form von Tracking Devices nutzen, sollten Studien wie diese als Anlass dazu nehmen, über ihr eigenes Sport- und Bewegungsverhalten nachzudenken. Zu oft scheinen Nutzer dazu zu neigen, sich über ihre Leistung nicht freuen zu können oder nicht zufrieden mit sich zu sein, wenn etwa ihre Schritte oder verbrannten Kalorien nicht erfasst und abgespeichert wurden. Dabei sollte aber immer wieder daran gedacht werden, dass man sich ja nicht für irgendeinen digitalen Bericht bewegt, sondern im Grunde für sich selbst, für das eigene Wohlbefinden und die eigene Gesundheit. Eventuell könnten und sollten auch Hersteller der Geräte hier ansetzen und sich Gedanken darüber machen, wie Tracker den Sportlern Feedback geben können, welches die Autonomie der Nutzer stärkt und Spaß an der Bewegung vermittelt.

Das Problem der Daten

Die angesprochene Aufgabe, vor der Hersteller von Fitness-Trackern stehen, verweist im Grunde auf ein deutlich größeres, aktuelles Problem: Unzählige Unternehmen haben inzwischen eine so große Menge an Nutzerdaten gesammelt, dass sie schon kaum noch wissen, wie sie diese Daten auswerten und wie sie mit ihnen arbeiten sollen. Wo lange Zeit nur im Vordergrund stand, an möglichst viele und umfassende Nutzerdaten zu kommen, muss irgendwann der Schritt erfolgen, mit diesen Daten auch gezielte Problemstellungen lösen zu wollen. In genanntem Fall wäre dies mitunter das angesprochene Problem, dass einige Nutzer durch das Tracken demotiviert werden. Wie lässt sich dies vermeiden? Müssen Tracking-Methoden geändert werden? Muss gezielt mit anderen Mitteln motiviert werden, um etwa negatives Feedback auszugleichen?

Die richtige Strategie im Umgang mit Daten wird also und muss im Vordergrund stehen, wenn es zukünftig darum geht, noch nutzerfreundlichere und positiver wirksame Geräte zu entwickeln, mit denen die eigene Gesundheit eben nicht nur überwacht, sondern bestenfalls auch in wiederum gesundem Maße gefördert und gesteigert werden kann. Andernfalls entwickeln Hersteller Produkte, die viele interessante Technologien und Programme bieten, letztlich aber kontraproduktiv für den Sport und die Gesundheit und damit im Grunde wohl auch für einen kontinuierlichen Umsatz sind.

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